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Tabakhandel in der Krise

#VERSCHIEDENES #ZIGARREN 26. März 2005

Die Tabak-Facheinzelhändler kämpften ums Überleben, schreibt Pipe Cigar und schiebt nach, wie die Krise überlebt werden kann.

Nun, der Verkauf von exklusiven Cigarren alleine bindet keine Kunden. Fachwissen, Tradition, Leidenschaft und Kunstfertigkeit – alle Bereiche in Vollendung – in sind notwendig, um gute Cigarren zu fertigen. Diese Niveau muss meiner Meinung nach auch im Fachgeschäft widerspiegelt werden. «Gewöhnliche» Ware ist das nie und nimmer, genauso wenig wie «gewöhnlicher» Verkauf.

Nachfolgend der Artikel von Pipe Cigar:

Lässt sich mit hochwertigen Zigarren noch Geld verdienen? Der Tabakwareneinzelhandel steckt in einem tiefen Loch. Jeder dritte Laden ist in Gefahr. Aber es gibt Möglichkeiten, der Krise zu trotzen.
„Viele Einzelhändler sind werbesüchtig.» Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Mercer Management Consulting, die den deutschen Einzelhandel analysiert. Kurzfristige Umsatzprobleme bekämpfen Einzelhändler oft mit Werbeaktionen. Lässt sich mit hochwertigen Zigarren noch Geld verdienen? Die Tabak-Facheinzelhändler kämpfen ums Überleben. So überleben Sie die Krise!

Der Tabakwareneinzelhandel steckt in einem tiefen Loch. Jeder dritte Laden ist in Gefahr. Aber es gibt Möglichkeiten, der Krise zu trotzen.

Tabakpflanzen und die Reben/hat der Herrgott uns gegeben/wenn wir weise sie gebrauchen/darfst du trinken und auch rauchen.» Dieser Sinnspruch steht über dem Tabakladen „Tabacum» von Siegfried Schäuble im Stuttgarter Stadtteil West.

Seit 25 Jahren betreibt der 56-Jährige sein Geschäft. über die Schwelle seines Ladens treten jedoch zunehmend weniger Kunden. Nicht nur für ihn sind die Zeiten Jahr für Jahr schwieriger geworden. Kaufzurückhaltung und Konkurrenzdruck machen der ganzen Branche das Leben schwer. 1993 gab es in Deutschland, so die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, 7247 Einzelhändler für Tabakwaren. 2001, die letzte verfügbare Zahl, waren es nur noch 5809, das bedeutet einen Rückgang von fast 20 Prozent in nur acht Jahren. In anderen Branchen ist die Lage ähnlich düster. Bei den Weinhändlern zum Beispiel verschwanden im gleichen Zeitraum rund 17 Prozent der Läden vom Markt.

„Der gesamte Einzelhandel steht vor einem enormen Strukturwandel», warnt Dorothea Voss-Dahm vom Gelsenkirchener Institut für Arbeit und Technik. „Und er wird sich vermutlich nicht aufhalten lassen.» Auf den kleinen Händlern laste ein gewaltiger Kostendruck. „In dieser Situation können sich natürlich die Großen gegen die Kleinen durchsetzen, denn die Großunternehmen haben eine viel günstigere Kostenstruktur.»

Dies sieht Dr. Uwe Täger, Handelsexperte des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, ähnlich: „Kleine Einzelhändler können die umfassenden Marketing- und Werbeaktivitäten, die notwendig sind, um auf dem Markt zu bestehen, nicht leisten.»

Tabakwareneinzelhändler haben zusätzlich noch zwei Probleme, die in anderen Branchen kaum zu finden sind: Viele Händler zahlen umsatzgebundene Mieten. Je mehr Umsatz sie machen, desto höher steigen die Kosten für ihren Laden. Das härt sich zunächst überzeugend und gerecht an, hat aber einen betriebswirtschaftlichen Fehler: Umsatz ist nicht Gewinn. Mit jeder Erhöhung der Tabaksteuer steigt der Umsatz des Händlers, steigen auch die Mieten – aber der Gewinn sinkt!

Ein schwieriges Marktumfeld erschwert die Situation für die Einzelhändler weiter: Die Verbraucher sind in den letzten Jahren wesentlich preisbewusster geworden. Stand früher bei den Kunden die Markentreue im Vordergrund, so wird heute vor allem auf den Preis geachtet. Das bedeutet, dass sich immer mehr Kunden ihren Zigarettenvorrat bei Aldi, Lidl oder einem anderen Discounter zulegen, statt nach Markenzigaretten beim Fachhändler zu greifen. Beim Discounter ist eine Schachtel Zigaretten bis zu 25 Prozent billiger.

Viele Einzelhändler sitzen in der Liquiditätsfalle. Auch die hat mit den hohen Tabaksteuern vor allem auf Zigaretten zu tun. Zurzeit tritt jeder Fachhändler mit rund der Hälfte seines Kapitals in Vorleistung, weil er die Tabaksteuer vorfinanzieren muss. Jede nicht verkaufte Schachtel Zigaretten bindet Kapital, das der Händler schon an den Fiskus abgeführt hat.

Solche schwierigen Finanzierungsfragen werden in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Das Stichwort lautet: Basel II. Danach müssen alle Unternehmen, die von den Banken Kredite wollen, nach einem umfangreichen Ratingsystem bewertet werden. Sind die Firmen nach Ansicht der Experten nicht marktfähig, wird ihnen der Geldhahn zugedreht. Insolvenz droht (siehe Interview S. 26).

Die Folge für die Tabakwarenhändler: Umsatzeinbruch. Seit 1997 ist der reale Umsatz aller Einzelhändler mit Tabakwaren jedes Jahr gesunken. Im vergangenen Jahr sank er um über ein Zehntel. Und bis April dieses Jahres fiel er noch einmal um mehr als acht Prozent.

Experten schätzen, dass in den nächsten Jahren rund ein Drittel der Tabakläden die Krise nicht überleben werden. „Der Strukturwandel im Einzelhandel wird zu einem allgemeinen Verlust an Warenvielfalt, Qualität und persönlicher Dienstleistung führen», konstatiert Dorothea Voss-Dahm. Und genau darin liegt die Chance für Tabakwaren-Einzelhändler. Denn sie können das für die Kunden leisten, was ansonsten im Strukturwandel verloren ginge – und sich damit von der Konkurrenz absetzen. In den Worten der Expertin heißt das: „Jeder Einzelhändler muss sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten – etwas, das nur er für seine Kunden leisten kann, nicht aber die Konkurrenz.»

Um ihre Kosten niedrig zu halten, verzichten große Handelsunternehmen auf ein breites Sortiment. Was sich nicht schnell verkauft, kein so genannter „Schnelldreher» ist, fliegt raus. Das ist oft unabhängig von der Qualität. Selten verkaufte, vielleicht exotische Zigarettenmarken, ungewöhnliche Zigarren und besondere Pfeifen – sie sollten das Angebot des Tabakwaren-Einzelhändlers bestimmen. Es reicht aber nicht, die Waren einfach nur vorrätig zu haben. Im Verkaufsgespräch sollte der Kunde auch darauf hingeführt werden. „Ich empfehle meinen Kunden nie eine Montecristo», sagt Siegfried Schäuble vom Stuttgarter „Tabacum». „Die kauft er heute bei mir, morgen beim Karstadt und übermorgen irgendwo bei einem Besuch in der Schweiz oder Spanien. Bei mir bekommt er eine exklusive Zigarre, die mindestens genauso gut ist, vielleicht sogar ein bisschen billiger. Die er aber vor allem fast nur bei mir kaufen kann.» So wird Warenvielfalt zugleich zu einem Kundenbindungsinstrument. Und zu einer Marketingmaßnahme. Denn gut beratene Kunden, die bei ihrem Fachhändler eine Spezialität kennen gelernt haben, empfehlen beide weiter.

Der Massenmarkt ist mit einem Verlust an Qualität verbunden. Zigarren, die in großen Mengen produziert werden, um zu einem günstigen Preis verkauft zu werden, können nicht die Qualität von exklusiven Nischenprodukten erreichen. Eine solch exklusive Zigarre wird der anspruchsvolle Kunde nur bei seinem Fachhändler erwerben können, nicht im Tabakladen im Kaufhaus oder beim Zeitschriftenhändler um die Ecke, selbst wenn der ein kleines Zigarrensortiment führen sollte.

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